Dass moderne Archäologie mehr sein kann als universitäres Orchideenfach oder brotlose Kunst, konnte das Tübinger StartUp-Unternehmen ArchaeoConnect GmbH seit seiner Gründung im Frühjahr 2017 bereits mehrfach unter Beweis stellen. Nicht nur mit Schaufel und Kelle, sondern mit hochmodernen Techniken und Verfahren wird hier die Vergangenheit in der Gegenwart untersucht – ganz am Puls der Zeit.
Not macht bekanntlich erfinderisch. Und dies vor allem dann, wenn man Archäologie studiert hat… Ein Fach, das zwar viele begeistert, jedoch nur wenigen eine berufliche Perspektive bietet. Befristete Verträge sind die Regel und alles andere als eine zufriedenstellende Dauerlösung. Traditionell lag das Grabungswesen „im Ländle“ in öffentlicher Hand, die gesetzlich vorgeschriebenen, bauvorgreifenden und baubegleitenden archäologischen Untersuchungen wurden in Baden-Württemberg ausschließlich vom Landesamt für Denkmalpflege durchgeführt. Erst im Spätsommer 2016 eröffnete sich nach dem Vorbild anderer Bundesländer die Möglichkeit, dass Ausgrabungen zukünftig auch von privatwirtschaftlichen Unternehmen übernommen werden dürfen. Und genau hier bot sich die einmalige Chance, Fähigkeiten und Talente zusammenzuführen und etwas Neues zu schaffen.
Frisch von der Uni fanden sich dann auch sechs Tübinger Absolventen zusammen und entschlossen sich, die Gunst der Stunde zu nutzen und gemeinsam ein Spezialunternehmen für Archäologie zu gründen. Zunächst leichter gesagt als getan, denn darauf war man im Studium auch nicht mal annähernd vorbereitet worden. Mit viel Enthusiasmus, einer gehörigen Portion Unternehmergeist sowie einem gewissen Quäntchen Mut, wurde binnen kürzester Zeit ein qualifiziertes Team auf die Beine gestellt, das heute problemlos in der Lage ist, die vielfältigen Aufgaben des archäologischen Alltags zu meistern. Das hohe Potenzial der Digitalisierung für die eigene Arbeit hatten die Gründer von Beginn an stets vor Augen. So wurde die Mannschaft schon bald um mehrere Spezialisten aus dem Bereich Archäoinformatik erweitert, die heute an eigenen Softwarelösungen und Möglichkeiten der 3D-Visualisierung arbeiten.
Über 30 Mitarbeiter bearbeiten derzeit mehr als 20 archäologische Projekte im Jahr – dabei kann es sich um kleinere, im Rahmen von Bauprojekten anfallende Voruntersuchungen, wie etwa magnetische Prospektionen, Rettungsgrabungen, Baubegleitungen oder Sondagen handeln, die in wenigen Tagen zu bewerkstelligen sind. Aber auch um arbeitsintensive mehrmonatige Großprojekte, von denen das Unternehmen bereits mehrere zeitgleich durchführen kann.
Das Kerngeschäft der Tübinger ArchaeoConnect GmbH ist aktuell im wesentlichen die Planung und Durchführung archäologischer Ausgrabungen, bei denen man sich an der Schnittstelle zwischen staatlicher Denkmalpflege und dem Baugewerbe im weitesten Sinne bewegt. Der Kundenkreis umfasst private Bauherrschaften ebenso wie Unternehmen und die öffentliche Hand von der Kommune bis zum Land Baden-Württemberg.
Getreu dem selbstgesteckten Ziel „Archäologie neu denken!“ sieht man sich zudem auch der Wissenschaft verpflichtet. Denn an keinem geht ein intensives Hochschulstudium, in das man viel Zeit und nicht zuletzt auch Herzblut investiert hat, spurlos vorüber. Wissens- und Forschungsdrang sind jedem Archäologen zu eigen, und Ausgrabung wird somit niemals zum reinen Geschäft. Um das junge Unternehmen langfristig auf eine breitere Basis zu stellen, wurde es im Frühjahr 2020 um die Abteilungen Anthropologie und Archäozoologie sowie einem Speziallabor für Archäobotanik erweitert. So kann das interdisziplinär ausgerichtete Netzwerk für archäologische Dienstleistungen zukünftig ebenso die Funktion eines Dienstleisters für den Wissenschaftsbetrieb erfüllen.
Bislang stößt die Erweiterung des Leistungskatalogs durchweg auf positive Resonanz und schon zahlreiche Forschungseinrichtungen im In- und Ausland haben ihr Interesse angemeldet, Knochenfunde und Pflanzenreste in Tübingen im Rahmen ihrer Forschungsprojekte analysieren zu lassen.
„Willkommen! Ab hier beginnt die Zukunft“. Diesem Bekenntnis der Region Neckar-Alb sieht sich die Tübinger ArchaeoConnect GmbH durchaus verpflichtet – auch wenn für sie die Zukunft mit der Vergangenheit beginnt.
Bildrechte: ArchaeoConnect GmbH, Manuel Birker M.A., Dr. Stephan W. Blum, Melanie Schneider Fotografie (Startseite)